Tuesday, June 03, 2008

Zeiss Cinemizer

(das könnte jetzt ein bischen länger werden...)

Ich bin wichtig. Ich bin nämlich jetzt Lead User für Zeiss und somit direkt mitverantwortlich für die öffentliche Meinungsbildung zu deren Produkt Cinemizer, dem Mitnehmkino für die Nasenspitze.
Der Zeiss Cinemizer ist eine Art Brille mit zwei eingebauten Monitoren (eins für jedes Auge) und Kopfhörer (wiederum einer pro Ohr), die an Apple iPods und anderen Geräten, deren Videosignal man auf einen 3.5mm Klinkenstecker pressen kann, angeschlossen wird. Primäres Videoabspielgerät wird mein iPod nano sein, aber wenn ich es schaffe, die Brille an Fernseher, Laptop, DVD oder gar die PS3 angeschlossen kriege, werd ich da auch mal ein paar Takte zu schreiben.
Lead User wird man übrigens bei Zeiss durch einfaches Anmelden und Fragebogen ausfüllen. Ich hab bei den Fragen zur vorhandenen Heimelektronik mal einfach wahrheitsgemäß alles angekreuzt (und mich dabei gefragt, was ich eigentlich mit all dem Hi-Tech-Gedöns anfange...) und mich damit anscheinend zum glorifizierten Produkttester, eben dem Lead Use, qualifiziert. Nach ein paar Emails aus dem Hause Zeiss, daß die Bewerberauswahl im vollen Gang sei und ich voll im Rennen liege, kam dann irgendwann die Nachricht, ich wär jetzt endgültig auserkoren und würde in der nächsten Zeit mein Testexemplar erhalten.
Vor einer Woche war es dann endlich so weit, und die Postfee drückte mir einen unscheinbaren Schuhkartongroßen Karton in die Hand. Absendererkennung und Verpackungsbefreiung gingen entsprechend zackig vonstatten, so liess der erste Schock nicht lange auf sich warten. 'Wasndasfürnbilligesplastikteil' war wohl der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoß. Hab ich mich wohl wieder von den hübschen Werbebildchen blenden lassen, auf denen die Brille deutlich edler aussah. Zweiter Schock dann beim Probeaufsetzen, weil das Teil ziemlich frontlastig ist und ich nicht das Gefühl hatte, die Brille ließ sich sonderlich leicht tragen.
Danach war dann erstmal ein kleines Studium der Anleitung angesagt. Die war zum Glück eher dünn, die paar Knöpfe zum Ein- und Ausschalten und umschalten von 2- nach 3D, Start und Stop und das war's auch schon fast wieder. Also iPod an, Videoausgang aktivieren (jaaa, das sollte man nicht vergessen - in den Einstellungen im Video-Menu, falls noch jemand sucht) und dann auf die Nase mit dem Gerät. Bild sah so auf den ersten Blick gar nicht mal so schlecht aus, aber ein bischen weit weg vom Auge. Gefühlter Abstand vielleicht 3m vom großen Fernseher entfernt. Dann mal probehalber immer ein Auge zugemacht, dabei sah dann das rechte Bild doch deutlich anders aus als das linke, dunkler und grünstichiger.
Nach ein bischen mehr rumexperimentieren kam ich zu dem Schluß, daß das rechte Display extrem blickwinkelabhängig ist. Je nachdem, wie die Brille auf der Nase sitzt, kriegt man entweder Farben, die zum linken Display passen, oder eben solche, die dunkel, farbstichig und falschfarbig sind. Natürlich ist die Position, wo das Bild in Ordnung ist, schwierig zu finden und hat auch nicht wirklich was mit der Position zu tun, wo ich normalerweise Brillen auf der Nase trage.
Das war dann ungefähr der Moment wo mir klar war, daß die Option, die Brille nach dem Test verbilligt zu kaufen, für mich nicht in Frage kommt. Aber trotzdem bin ich ja noch Lead User, also werde ich noch ein bischen weiter berichten.
Der Ton der Brille ist ok. Von den Brillenbügeln lassen sich Kopfhöhrer herunterklappen und ausziehen, so daß man recht einfach eine Position finden kann, wo die Lautsprecher sich genau vor dem Ohr befinden und man ganz gut hören kann. Da die Lautsprecher aber weder im Ohr getragen werden, noch am Ohr anliegen oder irgendwie gepolstert sind, ist das Höhrerlebnis nicht nur für den Cineasten, sondern durchaus auch für die direkten Nachbarn erlebbar, wenn man sich mit dem Cinemizer in die Öffentlichekeit begibt - für mich als Berufspendler und Dauergast der Deutschen Bahn wär das ja durchaus eine Möglichkeit gewesen.
Die Brillenbügel selbst sind recht gradlinig und liegen auf dem Ohr auf. Damit die Brille nicht, wie bei mir am Anfang, sofort von der Nase rutscht, sind an den Bügeln verschiebbare Stege angebracht, die man so einstellen sollte, daß sie dicht hinter dem Ohr liegen und die Brille halten. Das geht eigentlich auch ganz gut, so daß das Tragegefühl nicht so schlecht ist. Allerdings gibt es keine Einstellmöglichkeit für den Winkel der Brillenbügel - wenn also zufällig bei Benutzer die Ohren nicht exakt auf der gleichen Höhe sind (nicht lachen jetzt, das gibt's wirklich - hab ich schon gesehen, jeden Morgen im Spiegel), sitzt die Brille automatisch schief.
Auf das Bildgeschehen und die Diplayproblematik bin ich ja schon eingegangen. Wenn man die Brille trägt, bedeckt sie die Augen nicht vollständig, so daß man oben und unten dran vorbeischauen kann. Den einen mag das nicht stören, weil er dann noch die Straße vor sich sehen kann, dem anderen mag es sein Kinoerlebnis versauen - ich fand es jetzt nicht soo wild, da gibt es schlimmere Probleme.
Neben dem einfachen Filmschauen bietet der Cinemizer noch einen 3D-Modus, mit dem man spezielle Filme in 3D gucken kann. Die Filme müssen so vorliegen, daß die Bilder für das linke und rechte Auge in der linken und rechten Bildhälfte liegen, man also zweimal fast das gleiche Bild nebeneinander sieht. Auf Knopfdruck trennt der Cinemizer dann dieses Bild in zwei Einzelbilder mit der halben Pixelbreite auf, spreizt die Bilder und zeigt sie auf den jeweiligen Displays an. So bekommt jedes Auge sein eigenes Bild, was dann zwar nur noch die halbe Auflösung hat, aber trotzdem noch gut erkennbar ist. Von Leuten, die weniger Probleme mit dem räumlichen Sehen haben, hab ich mir sagen lassen, daß der 3D-Effekt "ja ganz nett" sei.
Über den externen Eingang läßt sich eine Videoquelle an den Cinemizer anschließen. Ein passendes Kabel liegt der Brille leider nicht bei, so daß ich mir mit dem Video-Kabel von meiner Kamera behelfen mußte (Cinch auf 3.5mm Klinke). Angeschlossen an mein Laptop ergibt sich tatsächlich ein passables Bild, auf dem man mit ein bischen Konzentration sogar Schrift lesen kann. Für Webbrowsen oder Email ist das aber nicht ausreichend.
Mit dem Videokabel hab ich mich dann mal an meine PS3 angeschlossen und ein bischen gedaddelt. Inzwischen hatte ich ja auch eine Position gefunden, wo ich ein halbwegs sauberes Bild auf beide Augen kriegte, nämlich weit zurücklehnen, den rechten Rand vom Nasenbügel ungefähr mittig auf der Nase platzieren und dann die Augen entspannen. Einfach, was? Ein oder zwei GTA4-Missionen kann man so schon aushalten, irgendwann gewöhnt man sich an das komische Bild (sieht ja schon etwas anders aus als auf dem Fernsehen...), aber so richtig viel Spaß hat das nicht gemacht. Auch, weil ich keine Möglichkeit hatte, den Ton mit zu übertragen, so ein Ballerspiel ohne Baller-Sound ist ja quasi nur ein - spiel.
Tja, und damit hatte ich auch schon alle Anwendungsmöglichkeiten durch, die ich testen wollte. iPod, Laptop und Playstation. Mit den Erkenntnissen hab ich mich dann mal auf der Zeiss-Webseite zum Fragebogen durchgeklickt und wenn ich gewußt hätte, daß die nur einen haufen Multiple-Choice-Fragen beantwortet haben wollen, hätt ich mir wohl etwas weniger Mühe mit dem Bericht hier gegeben...
Also, Fazit für alle, die den Text bis hier nur überflogen haben: nette Idee, aber lieber mal bis zur nächsten Generation abwarten...

No comments: